Dienstag, 4. März 2014

Roll mit mir - Rikscha in Budapest

Es gibt diese Abende, an die man sich so halbwegs zurückerinnert und sie später als "besonders interessant" einstuft und sich ärgert, warum hat man nicht mehr Fotos gemacht, mehr mit jemandem gesprochen, einfach noch mehr miterlebt.
Letzter Montag war beinahe so ein Abend. Ein Abend zuhause, in Ungarn, acht Stunden mit dem Zug, ausgestiegen um neun im Ostbahnhof, wiedermal konstatiert, wie schön der Bahnhof ist und wie komisch, dass die Beleuchtung noch immer so orange-farbig ist, Bruder zum abholen schon bereit, sagt, was man hören will ("bist du hungrig?" --> natürlich) und man geht, mit dem Gepäck durch das Nachtleben der Stadt um in Ungarn Quesadilla zu essen und hausgemachtes Bier zu trinken.

Man weiß nicht genau, wo man ist, was man isst, aber alles schmeckt und macht Spaß, egal was man macht, weil alles hat gefehlt, vielleicht hat man es gar nicht gemerkt. Die Sprache, die Stadt, das Unperfekte, das Unberechenbare das damit verbunden ist und das man jetzt schnell noch einmal gut hinsieht, weil man wieder für viele Monate nicht kommen wird.
Man geht auf der Straße, der Bruder hält bei einem Typ, der ein "Hausmeister" (3 dl Wein + 2 dl Soda) aus Roséwein vor einer überfüllten Bar trinkt, in der zwei Gitarristen jammen. Es fällt der Woody Allen-Film ein - Midnight in Paris - weil man von einem tollen Platz in den anderen fällt, aber man ist müde, möchte doch schon schlafen gehen und nach fünf Minuten Smalltalk beeilt man den Bruder zum gehen. Der Bekannte meint, er könnte uns bis zur Hauptstrasse mitnehmen und ich denk mir, für was (?) es ist ja gleich hier zwei Strassen, aber dann schiebt dieser schon eine Rikscha hervor. Der Bekannte selbst schon eine Erscheinung, eine Mischung aus Hippie und Lebenskünstler, beschert uns mit Geschichten und ich bin total aus dem Häuschen, habe das - also Rikschas - in Budapest noch nie erlebt und dieser Typ lebt seit Jahren nur für diese Sache. Er erzählt ein bisschen, aber es gibt nicht viel Zeit, ich sage, am Samstag soll er zur Party kommen und ich mache davor ein Interview mit ihm und schicke es hier zu den Zeitungen oder mache wenigstens einen Eintrag in meinem Blog.

Aber mache ich am Ende nicht, weil: eins, der Enthusiasmus fehlt dann schon; zwei, ich einen unglaublich fiesen Virus erwischt habe, der mich für fünf Tage derart niedergeschmettert hat, dass ich nicht wusste ob ich lebe oder sterbe.

So ein Abend war das mal wieder, einer von dem man nicht ganz sicher weiß ob er passiert ist oder nicht, ob es wirklich diesen Kurzhaar-Rasta-Typ gab, mit den langsamen Bewegungen und der langsamen, gezogenen Sprache in seinem Mund, mit dem Gesicht, dass sich ständig umgewendet hat um was zu sagen, mit dem pedallieren, mit den blinkenden Lichtern, mit der Nacht in der Stadt und mit mir. Aber Bilder lügen nicht - siehe da, der Typ hatte einen Bart! -  und vielleicht mach' ich ja mal einen gescheiten Artikel aus der Sache.

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