Mittwoch, 8. Juni 2016

Wetterprophet

Auch er reiht sich nun ein in eine Liste von Menschen, die mir nie etwas bedeutet hatten, aber mich mein Leben lang begleitet hatten. Wie ein Schatten, wie die Wolken, wie die Blätter, wie die Kirschen, wie der Winter, wie der Herbst. Der Mann mit den buschigen Augenbrauen. Er trat von der Seite einen Schritt in die Mitte und drückte unauffällig an einem Knopf in seiner Hand. Hinter seinem Rücken erschien Europa. Darauf schien die Sonne oder es regnete, kleine Pfeile zeigten in Richtungen und Nummern waren verstreut – wie Maiskörner im Hof – am Bildschirm sichtbar. Der Wetterprohet, der Meteorologe ist gestorben. Und schon wieder ist es ein Stück meiner Kindheit. Mit seinen weißen Haaren und buschigen, schwarzen Augenbrauen war er der Papst der Witterung. Ein Mensch, den jeder kennt, aber keiner an ihn denkt. Wenn er weg ist, ist es ein Loch in der Seele. Ein unauffälliges Loch an diesem Kleidungsstück, von einer Motte hineingefressen, die auf den Namen Tod horcht. Aber das macht nichts. Er war nicht jung – nach einer Weile müssen Menschen gehen. Durch eine Tür gehen, dessen andere Seite keiner kennt. Dabei sind wir alle gleich. Schön wäre es, durch diese Tür zu gehen, wie der Wetterprophet – der Himmel kann ihm nichts neues zeigen.